Am 2. September 2025 reichte Grossrat Michael Ritter (GLP) eine Motion zur Abschaffung des sogenannten «Frühfranzösischs» im zweisprachigen Kanton Bern ein. Gestützt auf die Ergebnis-se im vor Kurzem veröffentlichten nationalen Bericht zu der Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen (ÜGK), die Schülerinnen und Schüler in der Volksschule erreichen müssen, wird als Lösung vorgeschlagen, den Unterricht der französischen Sprache, die immer noch als «Fremdsprache» bezeichnet wird, in die Sekundarstufe I zu verschieben.
Wenn eine Amtssprache in einem zweisprachigen Kanton als Fremdsprache betrachtet wird, kann es sich als schwierig erweisen, sie zu fördern. Dass zwei Sprachgemeinschaften sich das Kantonsgebiet – ganz zu schweigen von den Gemeindegebieten von Biel und der Einwohnergemeinde Leubringen/Magglingen oder vom gesamten Landesgebiet – teilen, ist ein Umstand, der allen bekannt sein sollte. Diese Realität kann auch den Kindern, die die Sprache hören oder inmitten der beiden Sprachen leben, nicht verborgen bleiben. Der RFB vertritt die Meinung, es sei eindeutig besser, weiterhin Brücken zwischen den Sprachgemeinschaften zu schlagen, anstatt einen Graben zwischen ihnen aufzutun. Und in einer Zeit, in der sich Spaltungen in der Gesell-schaft stetig vergrössern, ist es umso wichtiger, den jungen Generationen zu zeigen, dass das Erlernen der Landessprachen die Gelegenheit bietet, mit anderen zu kommunizieren und ihre Kultur und ihre Denkweise kennenzulernen.
Zu den Aufgaben des RFB gehört die Wahrung der Interessen der französischsprachigen Bevöl-kerung im Verwaltungskreis Biel/Bienne, aber auch die Förderung der Zweisprachigkeit und die Stärkung des Zusammenhalts im Kanton Bern. Der RFB vertritt die Meinung, dass die Bildung – von der Volksschule bis zur Hochschule – eine entscheidende Rolle für die Förderung eines ge-sunden und konstruktiven Zusammenlebens von Sprachgemeinschaften spielt. Kinder und Ju-gendliche, die sich auf natürliche und positive Art an die Koexistenz verschiedener lebender Sprachen in ihrem Umfeld gewöhnt haben, eignen sich diese leichter an. Zahlreiche Studien zei-gen, dass die Kompetenzen in einer Zweit- oder Drittsprache durch einen frühen Beginn des Un-terrichts, der über einen langen Zeitraum andauert, verbessert werden. Ein später Unterrichtsbeginn ist also sowohl vom pädagogischen als auch vom politischen Standpunkt her kontraproduktiv.
Einen erfreulichen Beitrag leistet der Bundesrat: Beunruhigt über die Entscheide verschiedener Deutschschweizer Kantone, den Französischunterricht auf die Sekundarstufe zu verschieben, spricht er sich zugunsten der Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage aus, um den Unterricht einer zweiten Landessprache in der Primarschule sicherzustellen. Allerdings soll diese Regelung nur greifen, falls der 2004 gefasste und seit 2009 im HarmoS-Konkordat verankerte Sprachenkom-promiss scheitern sollte.
Der RFB unterstützt die Möglichkeit, den Unterricht einer zweiten Landessprache auf allen Bil-dungsstufen zu entwickeln. Er tritt auch für die zweisprachigen Bildungsgänge und die verschie-denen Austauschmöglichkeiten an der Volksschule und während der nachobligatorischen Bil-dung ein. Die Intensivierung der Kontakte zwischen deutsch- und französischsprachigen Schüle-rinnen und Schülern sowie Jugendlichen ist sowohl in den zweisprachigen Gemeinden als auch im übrigen Kantonsgebiet wünschenswert. Anstatt die gegenseitige Abgrenzung zu verstärken, können wir den Unterricht unserer beider kantonaler Amtssprachen dadurch fördern, dass wir die Durchmischung als persönliche und gesellschaftliche Bereicherung verstehen.